2.2 Betriebsgrößenverteilung und sozialökonomische
Differenzierung
Lebenslage der landwirtschaftlichen Bevölkerung, aber
auch Produktivität der Landbewirtschaftung und deren
Steigerungsmöglichkeiten hängen in starkem Maße
vom Zugang zu Land, also von der dem Haushalt zur Verfügung
stehenden Fläche ab. Die Statistiken der Länder
bieten zwar Zahlen über die Verteilung der Betriebe auf
Größenklassen und damit die Möglichkeit, sich
einen Überblick über die Betriebsgrößenverteilung
zu verschaffen. Diese Zahlen dürfen allerdings nur als
Anhaltspunkt gesehen werden. Die Statistiken enthalten viele
Fehler. Sie geben zudem nur Durchschnitte für Länder
an und differenzieren selten nach
- Bodenqualität
- Bewässerung
- Marktlage
- Anbausystem
- Nebenberufe
- Eigentum/Pacht,
also die Faktoren, die für den Lebensstandard der Bewirtschafterfamilie
wichtig sind.
Verteilung der Betriebe nach Gesamtfläche
(ha) in v.H. um 1970
|
Zahl der |
Betriebsgrößenanteil
in v.H. |
Land |
Betriebe |
-1 |
1-2 |
2-5 |
5-10 |
10-20 |
20-50 |
50-100 |
Ø |
Indien |
70.493.000 |
51 |
19 |
19 |
7 |
3 |
1 |
- |
2,3 |
Indonesien |
14.375.000 |
70 |
18 |
9 |
2 |
1 |
- |
- |
1,1 |
Japan |
5.354.000 |
68 |
24 |
7 |
1 |
- |
- |
- |
1,0 |
R. of Korea |
2.421.000 |
66 |
26 |
7 |
- |
- |
- |
- |
0,9 |
Nepal |
1.721.000 |
77 |
11 |
9 |
2 |
1 |
- |
- |
1,0 |
Pakistan |
3.761.000 |
14 |
14 |
40 |
21 |
8 |
3 |
1 |
5,3 |
Philippinen |
2.354.000 |
14 |
27 |
44 |
10 |
4 |
1 |
- |
3,6 |
Sri Lanka |
1.645.000 |
71 |
17 |
10 |
1 |
- |
- |
- |
1,2 |
1970 World Census of Agriculture, Analysis and International
Comparison of Results, FAO, Rome, 1981 |
Trotzdem wird aus den Zahlen für die Länder, für
die Daten verfügbar sind, deutlich, daß die überwiegende
Masse der Betriebe in Asien sehr klein ist und man in den
meisten Fällen eigentlich nicht mehr von einem leistungsfähigen
Betrieb sprechen kann.
Die Masse der Betriebe Asiens ist
unwirtschaftlich klein |
Dies ist in erster Linie eine Auswirkung der verbreiteten
Erbsitte, wonach alle Kinder, in islamischen Ländern
alle Söhne, Land erben, der Betrieb also in jeder Generation
geteilt wird. Zwar gibt es einige Faktoren, welche die Verkleinerung
in der Realität verlangsamen:
- Das Erbteil der Töchter wird bei deren Heirat mit
dem Erbe ihrer Ehemänner vereinigt.
- Manchmal erhält der älteste Sohn mehr Land
gegen die Verpflichtung, für die Eltern und den Familientempel
zu sorgen.
- Nicht alle Kinder werden Landwirte, sondern ergreifen
einen anderen Beruf und verpachten ihren Erbteil an die
Geschwister. Früher war dies durch Neigung und Interesse
veranlaßt. Heute erfolgt es oft zwangsweise, weil
die Fläche zu klein geworden ist und keine Existenz
mehr abwirft.
- Manchmal erreicht nur ein Kind das Alter für eine
Betriebsübernahme.
Trotzdem muß davon ausgegangen werden, daß diese
Betriebsverkleinerung weitergeht. Bei einem Generationswechsel
nach durchschnittlich 30 Jahren wird bei einem Drittel aller
Betriebshaushalte in den nächsten 10 Jahren ein Erbgang
fällig. Wenn man für Asien mit durchschnittlich
drei Kindern bei Generationswechsel rechnet, dann dürfte
nach dem nächsten Erbgang die große Mehrheit aller
Betriebe Asiens so klein geworden sein, daß sie auch
keine bescheidene Existenz für eine Familie mehr bietet.
Die kleinen Flächen werden dann überwiegend in Form
der Mehrfachbeschäftigung bewirtschaftet werden, was
große Konsequenzen für die Arbeitsverteilung zwischen
den Geschlechtern, die Arbeitsmöglichkeiten des Beratungsdienstes,
das Investitionsverhalten, die Auswahl der Anbaukulturen usw.
haben wird.
Hier liegt wohl die größte Problematik für
die Zukunft der asiatischen Landwirtschaft:
- Steigerung der Nahrungserzeugung für die zunehmende
Bevölkerungszahl erfordert eine Agrarwirtschaft mit
moderner Technologie, wozu eine bestimmte Mindestbetriebsgröße
erforderlich ist.
- Solange keine ausreichende Zahl nichtlandwirtschaftlicher
Arbeitsplätze angeboten wird, gibt es für die
Menschen keine andere Chance, als ihr Land weiter zu bewirtschaften
und das spärliche Einkommen von der kleinen Fläche
durch Zuverdienst zu verbessern. Im Einzelfall mag eine
Einkommenssteigerung in der Landwirtschaft durch Übergang
zu gartenbaulicher Bewirtschaftung möglich sein. Für
die Masse der Fälle ist dies wegen fehlenden Boden-,
Bewässerungs- und Marktvoraussetzungen nicht zu erwarten.
Um die Auswirkungen dieses Dilemmas auf die Einzelhaushalte
und die Möglichkeiten und Erfordernisse für politische
Maßnahmen zu erkennen, reicht die Betrachtung der Betriebsgrößenverteilung
nicht aus. Sie abstrahiert als grobe Überblicksdarstellung
davon, daß ja bei gleicher Betriebsgröße
die Lebenslage der Familie, ihr Interesse für die Landbewirtschaftung
und damit die Funktion des Betriebes zur Zeit und in Zukunft
für den Einzelhaushalt sehr unterschiedlich sein kann.
Einen besseren Einblick in diese Verhältnisse gewinnt
man durch eine sozialökonomische Differenzierung der
Betriebe. Dabei muß man in Kauf nehmen, daß keine
statistischen Zahlen zur Verfügung stehen. Kleinräumig
- etwa auf Projektebene - kann man aber unschwer zu zahlenmäßigen
Vorstellungen über die Verbreitung der einzelnen Typen
kommen. Bei guter Landeskenntnis ist dies auch für Provinzen
oder Länder möglich.
Ursache für diese Differenzierung ist in der Veränderung
der sozialökonomischen und technologischen Rahmenbedingungen
zu sehen:
- Die Betriebsgrößen sind gegenüber früher
stark zurückgegangen.
- Neue Technologien wurden in die Landwirtschaft eingeführt.
- Die Landwirtschaft ist mit anderen Sektoren verflochten.
- Die nichtlandwirtschaftliche Entwicklung bietet zunehmend
alternative Arbeitsplätze und bewirkt Wanderungen.
- Massenmedien und Wanderungen haben die Integration der
Agrargesellschaft in die Gesamtgesellschaft gefördert.
Diese Faktoren wirken sich in einigen Regionen stärker
aus als in anderen, aber immer ist das Ergebnis eine zunehmende
Differenzierung der landwirtschaftlichen Betriebe. Unterschiedliche
Fortschritte dieser Prozesse in Ländern und Regionen
beeinflussen weniger das Entstehen neuer Betriebs- und Haushaltstypen
als deren zahlenmäßige Verbreitung.
Beispiel für Verteilung der Betriebe nach Größenklassen
und sozialökonomischen Kategorien, Pakistan 1980
Landwirtschaftliche
Betriebe nach der Betriebsgröße
Betriebsgröße |
Zahl der Betriebe
|
Bewirtschaftete
Fläche
|
ha |
absolut |
in v.H. |
Ha |
in v.H. |
unter 0,5 |
327.091 |
8,0 |
86.731 |
1 |
0,5 - 1 |
374.289 |
9,2 |
250.104 |
2 |
1 - 2 |
685.014 |
16,8 |
890.340 |
6 |
2 - 3 |
684.551 |
16,8 |
1.507.486 |
10 |
3 - 5 |
917.508 |
22,5 |
3.275.243 |
21 |
5 - 10 |
706.395 |
17,4 |
4.120.419 |
26 |
10 - 20 |
263.989 |
6,5 |
2.777.327 |
18 |
20 - 60 |
96.495 |
2,4 |
2.032.755 |
13 |
60 und mehr |
14.081 |
0,4 |
924.704 |
6 |
Staatsbetriebe |
192 |
- |
18.576 |
- |
insgesamt |
4.069.611 |
100,0 |
15.683.689 |
100,0 |
Quelle: Pakistan Census of Agriculture 1980 |
Sozialökonomische
Kategorien von Landbewirtschaftern
|
Zahl |
bewirtschaftete
Fläche |
Kategorie |
absolut |
in v. H. |
absolut |
in v. H. |
Haushalte mit ausreichend Land |
|
|
|
|
- größere Grundeigentümer |
13.000 |
0,3 |
900.000 |
5,7 |
- ‘progressive farmers’ |
200.000 |
5,0 |
2.000.000 |
12,7 |
- economic holdings’ |
750.000 |
18,5 |
6.500.000 |
41,1 |
insgesamt |
963.000 |
24,0 |
9.400.000 |
59,5 |
Haushalte ohne ausreichend Land |
|
|
|
|
- Haushalte mit Mehrfachbeschäftigung |
1.300.000 |
33,4 |
3.100.000 |
19,6 |
- Haushalte mit Haushaltsproduktion |
350.000 |
8,8 |
700.000 |
4,4 |
- Haushalte mit alten Leuten |
350.000 |
8,8 |
600.000 |
3,8 |
- Marginalexistenzen |
1.000.000 |
25,0 |
2.000.000 |
12,6 |
insgesamt |
3.050.000 |
76,0 |
6.400.000 |
40,5 |
alle Haushalte |
4.013.000 |
100,0 |
15.800.000 |
100,0 |
Quelle: eigene Schätzung |
Im Gegensatz zu früher müssen heute zwei Hauptgruppen
von landbewirtschaftenden Haushalten unterschieden werden:
1. Haushalte mit ausreichend Land, um die Lebensgrundlage
der Bewirtschafterfamilie zu bilden. Diese Haushalte konzentrieren
ihre Anstrengungen auf die landwirtschaftliche Bewirtschaftung
und nutzen meist die Möglichkeiten neuer Technologien.
Ihr Einkommen versuchen sie durch gute Bewirtschaftung zu
steigern. Hierzu gehören
- größere Grundeigentümer (Landlords),
- ‘Progressive Farmers’,
- ‘Economic Holdings’.
2. Haushalte ohne ausreichend Land, um die Lebensgrundlage
der Bewirtschafterfamilie zu bilden. Diese Haushalte versuchen
ihr Einkommen durch nichtlandwirtschaftliche Aktivitäten
zu verbessern. Ihr Ziel ist ein höheres Einkommen, wo
immer es herkommt. Ihr Interesse an der Landwirtschaft ist
oft gering, teils wegen Mangels an Alternativen aufgezwungen.
die junge Generation erstrebt gewöhnlich ein Leben außerhalb
der Landwirtschaft. Diese Gruppe besteht aus
- Haushalten mit Mehrfachbeschäftigung,
- Haushalten mit Haushaltsproduktion,
- Haushalten mit alten Leuten,
- Marginalexistenzen.
Die einzelnen Typen können wie folgt charakterisiert
werden:
Gruppe I: Haushalte mit ausreichender Landausstattung
- Größere Grundeigentümer
Ihre Zahl ist stark zurückgegangen wegen Erbteilung,
Agrarreformen oder Vorsorge vor zukünftigen Agrarreformen.
Im Bestreben, den Lebensstandard auch nach der Verkleinerung
zu halten und wegen des Wunsches, durch neue Technologien
geschaffenes Potential auszuschöpfen, haben sie die
Intensität ihrer Bewirtschaftung erhöht. Mancher
‘Petty Landlord’ ist ‘Progressive Farmer’
geworden. es gibt aber auch Ausnahmen, die noch wirtschaften
wie vor 50 Jahren.
Nur ein Viertel der Betriebe
Asiens haben eine ausreichende Landausstattung zur
Existenzsicherung für die Bewirtschafterfamilie |
- ‘Progressive Farmers’
Dieser Typus entstand, als neue Technologien es möglich
machten, durch gute Bewirtschaftung viel Geld zu verdienen.
Er entstand teils von oben (ehemalige ‘Landlords’),
teils von unten (aktive Bewirtschafter, die ihren Familienbetrieb
durch Zupachtung vergrößern konnten) und zeichnet
sich durch einträgliche marktorientierte Bewirtschaftung
aus. Häufig hat wirtschaftliche Macht auch zu politischer
Macht geführt: Ihre Vertreter finden sich in Distrikt-
und Provinzparlamenten.
- ‘Economic Holdings’
Diese Familienbetriebe sind ebenfalls marktorientiert
und erzielen ein auf Dauer befriedigendes Einkommen. Viele
haben Möglichkeiten für eine Spezialisierung
gefunden, besonders in der Viehhaltung. Meistens sind
alle Familienangehörigen an moderner Landbewirtschaftung
interessiert.
Gruppe II: Haushalte ohne ausreichende Landausstattung
Die Zahl dieser Haushalte steigt ständig. Mangels ausreichender
Landausstattung müssen sie alle verfügbaren Ressourcen
nutzen, um zu überleben. Häufig geschieht dies außerhalb
der Landwirtschaft. Sie gehören also nicht zu den Haushalten,
Natürlich gibt es Übergänge zwischen den geschilderten
Typen, und manche Haushalte entwickeln sich durch harte Arbeit
und Änderungen im Lebenszyklus nach oben. Oft ist der
Trend jedoch eher abwärts, und mit dem Generationswechsel
sucht man nach einer außerlandwirtschaftlichen Existenz.
Vielleicht ist es besser, anstatt von „landwirtschaftlichen
Betrieben“ von „landbewirtschaftenden Haushalten“
zu sprechen, die alle verfügbaren Ressourcen, (Boden,
Arbeit, Kapital) einsetzen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern
und zu verbessern.
Je nach Ressourcen-Ausstattung kann dies auf verschiedene
Art geschehen:
- Steht ausreichend Land zur Verfügung, dann mag sich
der Haushalt auf Landbewirtschaftung konzentrieren und dies
ist die einzige Aktivität.
- Ist nur wenig Land vorhanden, dann werden andere Arrangements
getroffen. Entweder sucht man einen zusätzlichen nichtlandwirtschaftlichen
Erwerb oder befaßt sich mit Haushaltsproduktion und
sucht Ausgaben zu vermeiden.
„Landwirtschaft“ besteht heute aus einer großen
Vielfalt von landbewirtschaftenden Haushalten. Dies hat weitreichende
Folgen für die betreffenden Haushalte und für die
Agrar- und Entwicklungspolitik.
Folgen für die Einstellung zur Landwirtschaft
In früheren Generationen war es für einen Bauernsohn
vorbestimmt, daß er den elterlichen Betrieb weiterführen
würde. Noch nach dem letzten Weltkrieg war in vielen
Ländern Asiens bei knapper werdendem Land ‘access
to land’ der Slogan der Agrarreformen der 50er und 60er
Jahre. Heute lautet der Ruf der Jugend dieser Länder
‘Zugang zu Einkommen’, woher es immer kommen mag.
Wir müssen akzeptieren, daß nicht jeder Erbe glücklich
ist, den Betrieb der Eltern weiterführen zu dürfen.
Er mag es sein, wenn der Betrieb groß genug ist und
moderne Bewirtschaftung erlaubt. Wenn aber die Landausstattung
gering, Wasser knapp und die finanzielle Situation schlecht
ist, dann werden viele nach etwas besserem außerhalb
der Landwirtschaft Ausschau halten.
Mischexistenzen bewirken eine andere
Einstellung zur Landwirtschaft, haben Folgen für
Beschäftigung und Produktion und Möglichkeiten
politischer Einflußnahme |
Es ist nicht einfach, einen Arbeitsplatz zu finden, aber
viele haben Erfolg gehabt und ihre Lebenslage verbessern können,
besonders durch die Kombination landwirtschaftlicher und nichtlandwirtschaftlicher
Arbeiten.
Daraus ergeben sich drei Kategorien von Landbewirtschaftern:
- Solche, die weiter interessiert an Landbewirtschaftung
sind, vielfach ihre Betriebe zu vergrößern suchen,
teils nichtlandwirtschaftliches Einkommen in den Betrieb
investieren und neue Technologien nach Kräften nutzen.
- Solche, die ambivalent sind, freiwillig oder erzwungenermaßen
durch fehlende Alternativen und ohne viel Interesse weiter
Landwirtschaft betreiben. Sie werden sich verändern,
sobald sie die Möglichkeiten dazu sehen.
- Solche, die aktiv nach nichtlandwirtschaftlichen Erwerbsmöglichkeiten
suchen und dafür sogar landwirtschaftliches Kapital
investieren. Haben sie etwas gefunden, dann verwenden sie
landwirtschaftliches Kapital, um ihr neues Leben zu stabilisieren.
Früher oder später - oft bei Generationswechsel
und abhängig von der Sicherheit des Arbeitsplatzes
- werden sie die Landbewirtschaftung aufgeben oder nur noch
etwas für die Selbstversorgung erwirtschaften.
Daraus folgt eine erhebliche Variation der Ziele, die Haushalte
bezüglich ihres Landes verfolgen:
- Erzielung eines guten Einkommens,
- Selbstversorgung oder Teilselbstversorgung,
- preiswerte ländliche Wohnstätte,
- Sicherheit für den Fall des Verlustes des neuen
Arbeitsplatzes,
- Alterssicherheit in gewohnter Umgebung,
- Investitionen (m.o.w. ohne Steuern).
- Spekulationen,
- Bauland für die Kinder,
- Kapital für Ausbildungskosten
- etc.
Landwirtschaftliche Aktivitäten sind nur eine Rechtfertigung
für den Landbesitz.
Folgen für die Beschäftigungsstruktur
Im Gegensatz zum traditionellen landwirtschaftlichen Familienbetrieb
sind oft nicht alle Haushaltsmitglieder im Betrieb beschäftigt,
sondern die Familie mag auf verschiedene Erwerbstätigkeiten
verteilt sein und verschiedene Einkommensquellen haben. Dies
kann unterschiedlich sein:
- von Zeit zu Zeit,
- von Person zu Person und
- an verschiedenen Orten stattfindend.
Auch kann sich im Laufe des Lebens die Art der Beschäftigung
ändern, z.B. nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit
in der ersten, landwirtschaftlich in der zweiten Hälfte.
Manchmal ist ständige Mehrfachbeschäftigung notwendig,
weil das nichtlandwirtschaftliche Einkommen gering ist, wie
bei manchen Dorfhandwerkern.
Die Tatsache, daß meist Männer die nichtlandwirtschaftliche
Tätigkeit aufnehmen, hat Auswirkungen für die Arbeitsverteilung
auf die Geschlechter, was sicher auf Dauer zu sozialem Wandel
führen wird. Da der traditionelle Entscheidungsträger
häufig abwesend ist, kommt es auch zu einer neuen Ordnung
der Entscheidungsstruktur zugunsten der Frauen. Hinzu kommt,
daß Familienmitglieder von ihren Arbeitsplätzen
mehr Informationen über technische Neuerungen mitbringen
und ein Mitspracherecht bei Anschaffungen verlangen, zu denen
sie mit ihrem Einkommen beitragen.
Folgen für die Produktionsstruktur
Ist genügend Land vorhanden, dann verwendet gerade
die junge Generation moderne Technologien und erstrebt ein
höheres Einkommen durch hohe Erträge.
Haushalte ohne ausreichend Land legen aber oft weniger Wert
auf Ertragssteigerung. Die Basis für den Lebensunterhalt
bekommen sie häufig von außerhalb, und die Landbewirtschaftung
verbessert diese durch Teilselbstversorgung.
Oft ist nicht der höchste Ertrag interessant, sondern
geringster Arbeitsaufwand mag das Ziel sein, damit genügend
Zeit für nichtlandwirtschaftliche Beschäftigungen
bleibt.
Oder das Ziel besteht darin, Produkte mit der geringstmöglichen
Investition zu erzeugen. Bei anderen ist Ziel einen Konzentration
des Arbeitsaufwandes auf wenige Tage des Pflanzens und Erntens,
zu denen die Verwandten aus der Stadt gerufen werden.
Man hat die Erfahrung gemacht, daß Ertragssteigerungen
von einer kleinen Fläche wenig, ein Erfolg außerhalb
der Landwirtschaft aber viel mehr einbringt. Daher begrenzt
sich das Interesse an der Landbewirtschaftung auf Erzeugung
von einigen Hauptnahrungsmitteln, die Sicherheit durch Landbesitz
und die Annehmlichkeiten des ländlichen Lebens und Wohnens.
Natürlich gibt es zurückkehrende Migranten, die
ihr Kapital in die Landwirtschaft investieren und von traditioneller
zu moderner Bewirtschaftung übergehen. Viele andere verwenden
jedoch ihr Kapital als Start für eine nichtlandwirtschaftliche
Arbeit oder ein Geschäft, und das vorhandene Land ist
Sicherheit für den Fall des Scheiterns.
Konsequenzen für die Einstellung zur Nachhaltigkeit
und Umwelterhaltung
Verschiedene Typen von Landbewirtschaftern haben unterschiedliche
Einstellungen und unterschiedliches Interesse an Nachhaltigkeit
und Umwelterhaltung im Zuge der Landbewirtschaftung.
Bei Großbetrieben und ‘Progressive Farmers’
mag es sowohl positiv als auch negativ zu bewertende Fälle
geben. Weit verbreitet ist eine positive Einstellung bei den
‘Economic Holdings’, während Haushalte mit
Mehrfachbeschäftigung und Haushalte mit Haushaltsproduktion
ihre Zukunft oft außerhalb der Landwirtschaft sehen,
zumindest in der nächsten Generation, und vielfach auch
keine Mittel für derartige Anliegen haben. Verstärkt
ist dies der Fall bei Haushalten von alten Leuten und Marginalexistenzen.
Konsequenzen für die Agrar- und Entwicklungspolitik
Haushalte mit ausreichend Land sind an Landbewirtschaftung
interessiert, und daher kann man ihnen durch agrarpolitische
Maßnahmen wie Strukturpolitik, Preispolitik und Innovationspolitik
helfen. Je kleiner der Betrieb ist, desto bedeutender werden
die öffentlichen Förderungsinstitutionen zur Verbesserung
der Landbewirtschaftung, zur Unterstützung der eigenen
Initiative der Landbewirtschafter, zur Steigerung der Produktion
und Produktivität, von Einkommen und Lebensstandard der
Landwirte.
Hier ist das Aufgabengebiet der Agrarpolitik.
Bei Unterschieden von Region zu Region in Asien gehört
im Durchschnitt aber nur etwa ein Viertel aller Landbewirtschafter
zu denen mit ausreichend Land.
Den anderen Haushalten ohne ausreichend Land kann
gewöhnlich mit Maßnahmen der Agrarpolitik nicht
geholfen werden. Oft sind diese Maßnahmen gar nicht
von Interesse. Manche mögen von Förderungsdiensten
Nutzen haben oder von Erleichterungen im Landtransfer zur
Betriebsvergrößerung.
Für die Masse dieser 75 % aller Landbewirtschafter
ist Agrarpolitik weder von Interesse noch von Nutzen.
Preispolitik hilft nicht, wenn nicht verkauft wird und Innovationspolitik
ist uninteressant, wenn das Interesse außerhalb der
Landwirtschaft liegt. Natürlich gibt es einen gleitenden
Übergang vom modernen Landwirt zum Nebenerwerbslandwirt
ohne landwirtschaftliches Interesse, aber für die meisten
wären andere Politiken hilfreich:
- Ausbildung für einen nichtlandwirtschaftlichen Arbeitsplatz,
- Beschäftigungsförderung,
- manchmal Sozialpolitik,
- manchmal Abwanderungsförderung,
- Regionalentwicklung.
Die Differenzierung der Landwirtschaft erfordert eine Beendigung
der traditionellen Sektorpolitik. Nicht jeder, der ein Stück
Land besitzt, ist interessiert an Landwirtschaft und kann
durch Agrarpolitik gefördert werden.
Erforderlich ist vielmehr eine Trennung:
- Konzentration der Agrarpolitik mit ihren Maßnahmen
auf die, die sie benötigen, die sie wünschen und
bei denen sie wirkungsvoll ist, um Produktion und Einkommen
zu steigern.
- Für die anderen landbewirtschaftenden Haushalte
sind andere Politikinstrumente notwendig, die meist nicht
der Agrarpolitik zugehören.
Eine Konzentration der agrarpolitischen Maßnahmen
auf die, die sie nutzen und bei denen sie effektiv sind, ist
beste Nutzung knapper Ressourcen. Die Agrarpolitik muß
andererseits aufhören, vom armen Kleinlandwirt zu sprechen,
um eine Politik zu rechtfertigen, die am Ende nur Besitzern
größerer Betriebe Nutzen bringt.
Dabei ist von Bedeutung, nicht nur die derzeitige Situation
im Auge zu haben, sondern auch die für die nähere
Zukunft zu erwartende Entwicklung und die Einstellung und
Interessen der Jugend im Auge zu haben. Öffentliche Anstrengungen
bei Haushalten, die in wenigen Jahren die landwirtschaftliche
Produktion aufgeben, sind unzweckmäßige Verwendung
öffentlicher Mittel.
Weiter mit: 2.3
Formen der Arbeitsverfassung
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