1.3.5 Bodenordnung im unabhängigen Indonesien

Die Unabhängigkeit Indonesiens brachte schnell (1949) die offizielle Anerkennung von Privateigentum an Land. Vorher bestanden nur Nutzungsrechte, wenngleich es schon Übergangsformen gegeben hat, besonders durch Anmaßung von Sultanen und der Aristokratie.

Nach der Unabhängigkeit wurde Privateigentum an Land geschaffen

Im Jahre 1960 wurde dann das Landwirtschaftliche Grundgesetz Undang Pokok (UUPA) erlassen, das zusammen mit einigen Ausführungsbestimmungen eine Reform und Klarstellung der Bodenrechtsverhältnisse brachte, die bis heute gültig ist.

Dieses Gesetz basiert auf der indonesischen Verfassung, in der festgestellt war

  • daß alles Land in Indonesien eine soziale Funktion hat,
  • daß ‘pancasila’, das Prinzip einer gerechten Gesellschaft, die Grundlage aller Bodenordnungsregelungen ist.

Diese modernen Auffassungen stehen im Gegensatz zu westlichen Konzepten, wonach Land ein Gut ist, welches für finanziellen Gewinn gekauft und verkauft werden kann. Allerdings klafft eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Auch in Indonesien ist Land heute ein veräußerliches Gut.

Eine Agrarreform begrenzt die Landfläche für Individuen und legt die soziale Funktion allen Landes fest

Im Gesetz werden eine Reihe von Gesetzesregelungen und Prinzipien festgelegt:

  • Land, Wasser und Bodenschätze sind Geschenke Gottes und Reichtum der Nation. Die Regierung ist verantwortlich für nötige Kontrollen und Regelungen.
  • Adat ist maßgebliche gesetzliche Regelung für Land, Wasser und andere Ressourcen, solange dies nicht zu einem Konflikt führt
    • mit nationalen und staatlichen Interessen
    • mit indonesischem Sozialismus
    • mit den Regelungen des UUPA und seiner Ausführungsbestimmungen.
  • Auf die besondere Bedeutung aller Elemente des Adat, die auf religiösen Prinzipien basieren, wird ausdrücklich hingewiesen.
  • Land kann in verschiedenen Rechtsformen an Individuen oder Institutionen vergeben werden, aber alle Titel haben eine soziale Funktion.
  • Übermäßiger Landbesitz ist verboten. Je nach lokaler Bevölkerungsdichte wird die maximale Landfläche je Individuum auf 5 - 16 ha bewässerten und 6 - 20 ha unbewässerten Landes festgesetzt. Darüber hinausgehende Flächen werden gegen Entschädigung enteignet. Eine Mindestfläche von 2 ha darf auch durch Vererbung nicht unterschritten werden. Eigentümer sollen selbst wirtschaften, und Absentismus ist zu vermeiden.
  • Eigentümer von Bodenrechten haben die Verpflichtung zu optimaler Bewirtschaftung.
  • Wirtschaftlich schwachen Bevölkerungsgruppen wird besonderer Schutz zugesichert.
  • Zur Erhöhung der Rechtssicherheit wird ein Kataster angelegt.

Im Gesetz werden folgende Bodenrechtsformen unterschieden:

  • Eigentum an Land (hak milkik) ist die umfassendste Rechtsform und schließt ein das Recht zu vererben, zu verkaufen und zu belasten. Nur Indonesier können Eigentümer von Land werden. Dieses Recht muß registriert werden.
  • Nutzungsrecht an Staatsland für Unternehmen (hak guna usaha) kann an Indonesier für 25 - 35 Jahre vergeben werden. Bei Flächen über 25 ha besteht Pflicht zur Investition und Bewirtschaftung.
  • Nutzungsrecht für Staats- und Privatland (hak pakai) können Ausländer über einen Repräsentanten erhalten.
  • Pacht von Land für Bauzwecke (hak sewa) gilt für bestimmte Ländereien und gilt für Indonesier und Ausländer.
  • Recht an Bauland (hak guna banguanan) gibt Indonesiern und Ausländern das Recht, dieses Land für 40 Jahre mit Verlängerungsmöglichkeit für Bauten zu nutzen.
  • Stiftungen für religiöse und private Zwecke (wakaf) werden anerkannt.

Dieses Gesetz ist eine sehr moderne Regelung der Bodenrechte, besonders durch folgende Regelungen:

  • Adat ist verbindlich, solange es nicht im Gegensatz zu staatlichen Gesetzen steht.
  • Nur Indonesier haben volles Recht an Land. Der Staat ist nicht Landeigentümer, aber er kontrolliert das Land und seine Verwendung.
  • Landrechte schließen immer auch soziale Verpflichtung ein.

Es fällt auf, daß die Formulierungen einen erheblichen Raum für Interpretation und Anpassung an lokale Verhältnisse enthalten. Dies wird erforderlich durch die Bindung an Adat, welches ja regional unterschiedlich ist, und die sehr unterschiedlichen Verhältnisse im Land. Das UUPA ist ein pluralistisches Rechtssystem.

Die Durchführung der Agrarreform war langsam, und Bestimmungen oft unklar

Die Implementierung des Gesetzes erfolgte sehr langsam, was die Möglichkeiten zu Umgehungen vergrößerte. Als hinderlich erwies sich, das es kein Landregister gab und erst mühsam die Rechtsverhältnisse festgestellt werden mußten. Landreformkommissionen mußten auf den verschiedenen Verwaltungsebenen gebildet werden. Unklare Definitionen führten zu Konflikten und langwierigen Prozessen im Einzelfall. Insgesamt wurde weit weniger Land umverteilt als erwartet. Die Statistiken weisen große Unterschiede auf, so daß unklar ist, wieviel Land tatsächlich den Eigentümer gewechselt hat. Im Laufe der Zeit änderte sich auch die Regierungspolitik, und man legte mehr Betonung auf landwirtschaftliche Entwicklung als auf soziale Gerechtigkeit, die ja wesentliches Reformziel war.

 

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