3.3 ,Extended Family Economy'

Auch bei dauerhafter Abwanderung von Kernfamilien bestehen oft nicht nur soziale, sondern auch wirtschaftliche Bindungen zu anderen Gliedern der erweiterten Familie. So erhalten in der Stadt lebende Familien einen Teil ihrer Grundnahrungsmittel vom elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb, als wirtschaftliche Unterstützung oder aus sentimentalen Gründen. Eine nicht zu unterschätzende Leistung ist auch die Sicherheit gegen Arbeitslosigkeit oder ähnliche Wechselfälle des Lebens durch das Recht auf Rückkehr. Umgekehrt gibt es auch Gegenleistungen, insbesondere in Form von Geldzahlungen und Erntehilfe. Erstere müssen nicht regelmäßig sein, sondern können auch in größeren unregelmäßigen Abständen erfolgen, zum Beispiel bei konkretem Bedarf für Investitionen. Viele Brunnen und Traktoren sind im Zuge der ,Grünen Revolution' nicht durch Kredit finanziert worden, sondern dadurch, daß die in der Stadt lebenden Verwandten zur Kasse gebeten wurden, nachdem diese lange nur Bezieher von Leistungen gewesen waren.

Bei dieser Erscheinungsform handelt es sich um die wirtschaftliche Verflechtung von selbständigen Kernfamilien mit anderen Kernfamilien aus der Verwandtschaft, wobei Ausmaß und Ausgestaltung sehr unterschiedlich sein können. Aus dem Netz kooperierender Verwandtschaft entstehen verschiedene Haushaltstypen. Die entfernt lebenden Verwandten mögen bei ihrer Entscheidung über finanzielle Beiträge neben der Intensität der Familienbande auch Kriterien wie Familienprestige und soziale Verpflichtungen heranziehen. Der landwirtschaftliche Betrieb ist Basis der .extended family economy'. Es ist nicht möglich, aus der Situation des landbewirtschaftenden Haushalts auf den Lebensstandard und die Investitionsfähigkeit zu schließen. Die abgewanderten Verwandten dürften ihre Aufwendungen weniger als wirtschaftliche Investition, sondern eher als ein dauerhaftes Konsumgut ansehen.