7.1 Formen der Siedlung
Je nach Initiative und Mitwirkung des Staates kann man zwischen
spontaner und geplanter Siedlung unterscheiden. Spontane Siedlung
geschieht auf Initiative des Siedlers und ohne staatliche
Förderung. Dies mag der Weg eines an der Landwirtschaft
interessierten jungen Landwirts sein, um sich einen eigenen
Hof zu verschaffen. In der Mehrzahl der Fälle, besonders
in dichtbesiedelten Ländern, handelt es sich jedoch um
wilde Siedlung ohne Rechtstitel. Besonders auf den großen
und schlechtgenutzten Landflächen Lateinamerikas nehmen
sogenannte Squatter Landflächen in Besitz, roden diese
und bestellen sie, um eine Existenz für die Familie zu
schaffen. Im Fall von Privatland wird die Siedlung meist nach
einiger Zeit entdeckt, und es kommt zum Abschluß eines
Pachtvertrages oder zur Vertreibung des Siedlers. Falls der
Boden dem Staat gehört, vermag der wilde Siedler oft
länger auf seiner Siedlung zu bleiben. Die Kontrolle
durch Staatsorgane ist geringer, und der Staat scheut sich
oft, die Existenz zu nehmen, ohne Alternativen bieten zu können.
Von den wilden Siedlungen gehen verschiedene Gefahren aus.
Wegen der Rechtlosigkeit und des Vertreibungsrisikos wird
vielfach Raubbau bis zur Bodenzerstörung getrieben. Es
werden zur Ackernutzung ungeeignete Steilhänge gerodet,
die schnell der Erosion anheimfallen. Die durch wilde Siedlungen
entstehenden Strukturen behindern später eine Regionalentwicklung.
Da oft die Voraussetzung für eine erfolgreiche Ansied-lung
nicht gegeben ist, hat der Staat dann Folgelasten in Form
notwendiger Sanierungen und Wohlfahrtsmaßnahmen zu tragen.
Immerhin schaffen spontane und auch wilde Siedlungen Existenzen,
und zwar in Eigeninitiative und ohne primäre Aufwendungen
des Staates. Wegen dieser positiven Aspekte versucht man in
manchen Ländern, durch geeignete Lenkungsmaßnahmen
die Nachteile zu vermeiden. Dies geschieht z. B. durch Erschließung
und Schaffung minimaler Infrastruktur in Gebieten, die dann
zur spontanen Siedlung freigegeben werden. Hierdurch wird
diese Siedlungsform in geordnete Bahnen gelenkt. Dies ist
von Bedeutung, weil es sich nicht um einen Sonderfall handelt,
sondern Spontansiedlungen etwa drei Viertel aller Siedlungen
ausmachen (65, Seite 15).
Geplante Siedlungen werden in vielen Teilen der Welt von
den Regierungen oder privaten bzw. halbstaatlichen Trägern
durchgeführt. Mit den Siedlungen können wirtschaftliche,
soziale und politische Ziele verfolgt werden. Folgende Zielsetzungen
spielen meist gemeinsam mit anderen eine Rolle:
- Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion zur
Nahrungssicherung und für den Export
- Schaffung von Existenzen für landarme Bauernsöhne
- Bereitstellung von Arbeitsplätzen
- Regionaler Bevölkerungsausgleich
- Seßhaftmachung von Nomaden und anderen
Randgruppen
- Belohnung für ehemalige Soldaten und Veteranen
- Neulanderschließung
- Ausnutzung neuer Bewässerungsmöglichkeiten
- Sicherung der Landesgrenze
- Bekämpfung von Krankheiten (Tse-Tse, Malaria etc.)
- Abwendung einer Bodenreform.
Entsprechend der vielfältigen Zielsetzung können
landwirtschaftliche Siedlungsprojekte ganz
unterschiedliche Vorgänge betreffen und Maß
nahmen erfordern:
- Erschließung von Neuland nach Rodung, Bewässerung
von Wüsten etc.
- Änderung der agrarischen Betriebsstruktur
durch Aufteilung von Großbetrieben in Siedlerstellen
- Änderung der Nutzungsform durch Ansiedlung von Ackerbauern
auf Brach- oder Weideland.
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