4 Erkenntnisse aus den Community-Development-Aktivitäten
in den drei Ländern
Wenn auch der Begriff ,Community Development' heute nur
noch selten verwendet wird, so sind die Aufgaben und Probleme
doch gleich geblieben. Es erscheint daher nützlich, Schlußfolgerungen
aus den Erfahrungen mit Community-Development-Programmen zu
ziehen und diese bei heutigen Maßnahmen zu berücksichtigen.
Unter den vielfältigen Erfahrungen aus den Community-Development-Programmen
der drei dargestellten Länder sind folgende besonders
bemerkenswert:
a) Programme mit dem Ziel eines wirtschaftlichen und sozialen
Wandels in
ländlichen Gebieten haben politische Voraussetzungen.
Solange feudale Beziehungen in einer Gesellschaft vorherrschen,
Privatinteressen wichtiger sind als rationale Argumente, solange
die Machtstruktur einseitig verschoben ist, dürften solche
Programme kaum einen nachhaltigen Erfolg haben. Immer wenn
Gefahr besteht, daß die Elite den Nutzen von Maßnahmen
auf sich ziehen kann, während die Masse nicht einmal
die Freiheit der Beteiligung hat, müssen Agrarreformmaßnahmen
anderen Projekten zur Entwicklung ländlicher Gebiete
vorausgehen. In Gesellschaften mit mehr egalitärem Charakter
sind derartige Programme leichter einzuführen.
b) Die Verteilung von Fähigkeiten und Informationen
machen es erforderlich, daß Programme für ländliche
Entwicklung von den Planungsbehörden der Regierung entwickelt
werden. Sie können aber ohne aktive Beteiligung aller
Bevölkerungskreise nicht erfolgreich sein. Solch eine
Beteiligung ist nur zu erwarten, wenn die Programme der Bevölkerung
auch eine Beteiligung am Planungsprozeß eröffnen,
damit die Wünsche der Massen artikuliert werden können.
Nur eine Mitsprache kann bewirken, daß die Bevölkerung
die Entwicklung der ländlichen Gebiete als ihre eigene
Angelegenheit und nicht als die der Regierung betrachtet.
Für ländliche Entwicklungsprogramme ist eine dezentralisierte
Planungs- und Entscheidungsstruktur erforderlich.
c) In geplanten (nicht revolutionären) Entwicklungssituationen
muß der Anstoß von der Regierung kommen, da die
Bevölkerung oft erst aus ihrer Stagnation und Lethargie
aufgerüttelt werden muß. Der Übergang von
einer regierungsverordneten Maßnahme zu einer Bewegung
mit starker Beteiligung der Bevölkerung setzt eine ausreichende
Motivierung voraus. Erzieherische und motivierende Maßnahmen
sind deshalb von Anfang an unabdingbar, wenn eine Mitwirkung
der Massen angestrebt wird. Auch im Verlauf des Programmes
bieten Wettbewerbe zwischen Dörfern, Preise u.a. einen
Anreiz zu erhöhter Aktivität. Politische oder ideologische
Motivierung erleichtert die Mobilisierung der Massen.
d) Für eine Motivation der Bevölkerung und ihre
Bereitschaft, sich auch auf
längere Zeit zu beteiligen, sind schnelle, sichtbare
Erfolge von Bedeutung.
Die ersten Projekte sollten daher in kurzer Zeit realisierbar
sein und geringe
Preis- und Witterungsrisiken aufweisen.
e) Der integrale Charakter des Community-Development-Approaches
entspricht grundsätzlich den Erfordernissen in idealer
Weise. Als Systemansatz trägt er der Tatsache Rechnung,
daß Dörfer soziale Systeme sind, in denen die einzelnen
Teilbereiche miteinander in Beziehung stehen. Unter solchen
Bedingungen hat nur ein umfassender Ansatz Chancen einer Verbesserung
der bestehenden Situation. Ein umfassender Ansatz bringt aber
die Gefahr eines Konflikts zwischen den Beteiligten Personen
und Institutionen mit sich. Folglich haben integrierte Programme
besonders hohe Anforderungen an Planung, Organisation und
Koordination, die unter Verhältnissen der Entwicklungsländer
nicht leicht zu erfüllen sind.
f) Bemühungen um eine Entwicklung ländlicher Gebiete
müssen in Rechnung stellen, daß verschiedene Bevölkerungsgruppen
unterschiedliche Interessen und Prioritäten haben. Solche
Unterschiede bestehen nicht nur zwischen sozialen Schichten,
sondern auch zwischen Geschlechts- und Altersgruppen. Nur
wenige Maßnahmen sind für alle von Nutzen und Interesse.
Planungen müssen eine Analyse einschließen, für
wen verschiedene Projekte von Bedeutung sind (Zielgruppen-Ansatz).
g) Zumindest kurzfristig sind Maßnahmen zur Produktivitätserhöhung
und
solche, die auf Wohlfahrt und sozialen Wandel zielen, miteinander
in Konflikt. Wenn auch beide Komponenten erforderlich sind,
so müssen doch
klare Vorstellungen bestehen, wofür die vorhandenen Mittel
verwendet
werden sollen. Je strenger Wohlfahrts- und Produktivitätsmaßnahmen
in
den Plänen getrennt sind, desto einfacher dürfte
dies sein.
h) Freiwillige Arbeiten der Bevölkerung zur Verbesserung
der Infrastruktur der Dörfer können erhebliche Fortschritte
bringen und haben großen erzieherischen Wert. Sie sind
umso effizienter, je mehr technische Anleitung und materielle
Hilfe von außen gegeben wird; Eine Lösung des Beschäftigungsproblems
auf Dauer stellen sie meist nicht dar. Die Zahl der Projekte,
die auf Dorfebene mit eigenen Mitteln durchgeführt werden
können, ist nicht groß. Bald erfordern sinnvolle
Projekte Koordination zwischen mehreren Dörfern, höheren
Materialeinsatz und größere Fachkenntnisse. Das
Beschäftigungsproblem muß dann auf andere Weise
angegangen werden.
i) Nicht selten behindern Regierungen die ländlichen
Entwicklungsprogramme durch unzweckmäßige Eingriffe.
Erfordernisse der ländlichen Entwicklungsprogramme und
politische Interessen von Regierungen laufen nicht immer parallel,
auch wenn die Regierungen die Initiatoren der Programme sind.
Wenn ein Programm erfolgreich ist und einen guten Namen erworben
hat, dann pflegen Regierungen dies zu nutzen und auch andere
Maßnahmen unter diesem Namen zu ,verkaufen'. Solch ein
Aufblähen schädigt nur zu leicht das Anfangsprogramm.
Andererseits wollen Regierungen schon nach kurzer Zeit erste
Erfolge sehen. Treten diese nicht ein, wird das Programm abgebrochen
und durch neue Maßnahmen ersetzt, obwohl es seiner Natur
nach langfristig ist. Es mag erforderlich sein, ländlichen
Entwicklungsprogrammen gewisse Unabhängigkeit von der
Tagespolitik dadurch zu geben, daß sie durch lokale
Steuern finanziell eine gewisse Unabhängigkeit erhalten.
j) Ländliche Entwicklungsprogramme haben hohe Anforderungen
an Kapital und Fachkräften. Besonders der Bedarf an Förderungsagenten
auf mittlerem und unterem Niveau wird oft unterschätzt.
Da ihnen eine Schlüsselstellung für den Erfolg zukommt,
ist ein 'Manpower Planning' in qualitativer und quantitativer
Hinsicht unbedingt erforderlich.
k) Communiy-Development- und Rural-Development-Programme
sind unorthodoxe Maßnahmen für Verwaltungen, die
vor nicht langer Zeit auf Law-and-Order beschränkt waren
und erst kürzlich die Verwaltung eines Entwicklungsbudgets
in ihre Aktivitäten aufgenommen haben. Solche umfassenden
Programme erfordern eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen
Ministerien und Behörden und bringen leicht Konkurrenz
und Konflikte zwischen ihnen mit sich. Um dies zu überwinden,
ist eine starke Führung erforderlich. Das Fehlen einer
integrierenden Kraft, um die verschiedenen Interessen auf
ein gemeinsames Ziel hin zu koordinieren, ist ein wichtiger
Grund für den vielfach geringen Fortschritt in der Entwicklung
ländlicher Gebiete.
|