3. Regionalentwicklung - Überwindung sektoraler Förderungsansätze

Ziele und Ansätze der Entwicklungspolitik haben sich seit den 60er Jahren verändert. Zu Beginn standen Versuche der Technologie-Übertragung und sektorale Ansätze im Vordergrund. Zwar gab es bald auch Verbundvorhaben, die dem Zusammenhang der verschiedenen Wirtschafts- und Gesellschaftsbereiche mehr entsprachen (Salima, Mandi), aber der Schwerpunkt blieb lange sektoral. Industrialisierung war das Ziel, und die Landwirtschaft hatte dazu Beiträge zu leisten. Im Laufe der Zeit würden die Wachstumserfolge dann schon nach unten durchsickern.

Erst als deutlich wurde, daß gerade sektorale Entwicklungserfolge auch im Agrarbereich die Armut nur vermehrten und man erkannte, daß Systemmängel - wie sie (ür Unterentwicklung maßgeblich sind - nicht mit sektoralen Ansätzen zu überwinden sind, traten die Verteilungsaspekte mehr in den Vordergrund.

Regionalentwicklung will die Einkommensungleichheiten zwischen Regionen reduzieren und eliminieren. Die Integration der Armen in den Produktionsprozeß kam in den Mittelpunkt des Interesses, so daß sie Zugang zu einkommensgebundenen Gütern und öffentlichen Dienstleistungen haben. Regionalentwicklung - soweit dieser Ansatz auch praktiziert wird - ist die Überwindung sektoraler Bemühungen, ohne diese auszuschließen. Regonalentwicklung ist ein Programm, also ein Bündel von Projekten (verschiedener Sektoren) in einem Raum, Dies entspricht der Erkenntnis, daß systembedingte - nicht individuelle - Mängel Ursache der Armut sind.

Zwar haben „backward areas" in der Regionalentwicklung stets eine wichtige Rolle gespielt, aber lange waren „growth centres", also induzierte Urbanisierung, doch die übliche Methode, bei der die Landwirtschaft durch Ausbreitungseffekte sozusagen angeschlossen war. Erst mangelnde Erfolge bewirkten dann eine Verschiebung der Ziele der Regionalentwick-lungsplanung in Richtung auf eine Überwindung der Gegensätzlichkeit zwischen Stadt und Land und auf neue Beziehungen zwischen Stadt und Land. Fortschritte für „backward regions" kommen aus einer räumlichen und funktionalen Integration, also aus Mobilisierung der vorhandenen
Kräfte des Raumes und der funktionalen Integration der Einzelbestandteile.

Die Überwindung sektoraler Förderungsansätze bringt größere Chancen gerade für die Einbeziehung der Armen in den Entwicklungsprozeß, Man muß sich bewußt sein, daß dieser Fortschritt nicht billig zu haben ist. Er wird erkauft mit höherer Komplexität der Programme, höherem Koordinationsaufwand bei allen Beteiligten und damit höheren Kosten.

Und wie sieht es aus bei Grenzstandorten, also den Gebieten, in denen sich am meisten Arme befinden, in denen die Ressourcenausstattung so schlecht ist, daß wenig Kräfte des Raumes zu mobilisieren und in funktionalen Zusammenhang zu bringen sind? Hat die Regionalentwicklung hier ihre Grenzen, weil „wo nichts ist, der Kaiser sein Recht verloren hat"?